Arbeitsgruppen & Themen


Tag 1, 16. September  2024
(voraussichtlich 15.15 - 16.45 Uhr)

Altern ist eine zwiespältige Angelegenheit. Entgegen der Disengagement Theorie, die im Altern doch eher einen Abbauprozess sah, stehen gegenwärtig zunehmend die Stärken des Alterns im Vordergrund: zum Beispiel das Erfahrungswissen, die Bewahrung von Lernfähigkeit oder die Möglichkeit auf vielfältige Weise aktiv zu bleiben. Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass diese Lebensphase mit Verlusterfahrungen und Grenzsituationen einhergeht und unausweichlich mit dem Tod endet. Für traditionelle Männlichkeiten, die sehr auf Berufstätigkeit, einem unversehrten Leib und selbstbestimmte Unabhängigkeit setzen, kann dieser Lebensabschnitt zur besonderen Herausforderung werden. In dieser Veranstaltung soll ein kritischer Austausch darüber stattfinden, wie Männer „ein gutes Leben bis zuletzt“ schaffen können.

Mag. Dr. theol. Erich Lehner, Psychoanalytiker in freier Praxis, tätig in Palliative Care und in der Männlichkeits- und Geschlechterforschung; Obmann des Dachvebandes der Burschen-, Väter-, und Männerarbeit Österreich (DMÖ)

Bisher nehmen leider noch nicht so viele Männer professionelle Unterstützung und Beratung in Anspruch, wenn sie von Gewalt (im sozialen Nahraum) betroffen sind. Viele scheinen nicht zu wissen, dass es Hilfsangebote für sie gibt. Andere nehmen die bestehenden Angebote nicht als für sie zuständig wahr. Im Workshop besprechen wir individuelle und gesellschaftliche Barrieren, die es Männern erschweren, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Anhand von Praxisbeispielen schauen wir uns an, wie Beratungs- und Unterstützungsangebote durch ihre Außendarstellung gewaltbetroffene Männer gezielt ansprechen können. In einer Mischung aus fachlichem Input und gegenseitigem Austausch werden wir gemeinsam erarbeiten, wie wir Männer niedrigschwellig erreichen können.

Anne-Marie Gallrein, Dr.in, Psychologin, ist Fachreferentin bei der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz. Sie gestaltet Fortbildungen und berät Akteur*innen im Bereich Männer und häusliche Gewalt. Außerdem zerlegt sie leidenschaftlich gern Genderstereotype. Ihr Ziel: Den Männergewaltschutz nicht den Antifeministen zu überlassen.

Der Bereich der Männerberatung ist (endlich!) in Bewegung gekommen: Gerade in den letzten 10 Jahren ist so manches Angebot – teilweise überraschend – entstanden, in anderen Bereichen ist – ebenso überraschend – noch kaum etwas geschehen. In diesem Workshop soll es zunächst einen Angebots-Überblick sowie eine Einordnung der aktuellen Entwicklungen geben. Anschließend wollen wir überlegen, wie es mit der Männerberatung weitergehen sollte – und wie wir diese Ziele gemeinsam erreichen können.

Björn Süfke, Psychologe, ist seit 1999 in der man-o-mann männerberatung Bielefeld tätig und dort u.a. für das „Hilfetelefon Gewalt an Männern“ mitverantwortlich. Seine Mission ist die Förderung von a) Gender-Reflektiertheit, b) trauriger Popmusik und c) seinen drei Kindern. Ach so, und der Sturz des Patriarchats natürlich ... Über einiges davon hat er auch Bücher geschrieben.

Was ist ein Demiboy? Gibt es nichtbinäre Männlichkeiten? Wo ist der Unterschied zwischen multi- und polysexuell? Bin ich cisfragil? Im Bereich der Geschlechtervielfalt existieren viele verschiedene Begriffe und es entstehen ständig neue. Wir verschaffen uns einen Überblick über zentrale Begriffe und sprechen über queere männliche Lebensweisen. Wir schauen uns das Konzept der Heteronormativitätskritik an, wie wir es nutzen können und überlegen, wie post-heteronormative Räume in der Arbeit mit Jungen*, Männern und anderen Geschlechtern aussehen könnten.

Mart Busche, Dr. phil., Professur für Allgemeine Pädagogik und Soziale Arbeit an der Alice Salomon Hochschule in Berlin. Mart lehrt und forscht im Bereich Gewaltprävention, Geschlechtervielfalt, Sexualpädagogik und queere Bildung und lungert gerne an den Rändern binärer Denkmodelle herum.

Die Zielrichtung ist klar: Umverteilung von Erwerbs- und Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern. Doch dies gelingt nur, wenn Männer ihr Alltagsverhalten verändern wollen und können und ihren Selbstwert nicht mehr einseitig auf (Erwerbs-)Arbeit & Leistung aufbauen. Männer und Väter in neuen Rollen suchen alltagstaugliche Impulse für ihre Lebenssituation und Freiraum für den solidarischen Austausch mit andern. Emanzipatorische Männerarbeit fokussiert deshalb auf die ermutigende Begleitung von Männern aus einer einseitigen Erfolgs- und Leistungsorientierung hin zur Freude an vielseitiger Männlichkeit und zu mehr Balance im Spannungsfeld Arbeit-Privatleben.

Im Workshop stellt er seine zentralen Erkenntnisse und "Best Practices" vor und moderiert den Austausch zu den Fragen: Wo und wie erreichen wir Männer mit dem Schlüsselthema "Lifebalance"? Welche Projekte braucht es heute, um Gleichstellung im Alltag voranzubringen?

Christoph Walser, Coach ZiS, Theologe MA, Sexualberater AS, Vater, ist seit 30 Jahren in den Bereichen Männerarbeit, Prävention und Spiritualität tätig. Mit dem Projekt www.timeout-statt-burnout.ch hat er zahlreiche Männer in der Arbeitswelt mit männerspezifischen Seminaren und Coachings erreicht.

In diesem Workshop werden Erfolgsfaktoren und digitale Ansätze in der Väterberatung vorgestellt. Ein besonderer Fokus liegt auf der Reflexion und Anpassung der Haltung von Fachkräften. Es werden Strategien vermittelt, wie sichere Räume geschaffen und eine gemeinsame Sprache entwickelt werden können, die Väter anspricht. Zudem wird untersucht, wie Väter über Schnittstellen, insbesondere in Unternehmen, besser erreicht werden können. Teilnehmer erhalten praktische Einblicke und Methoden, um digitale Beratungsangebote erfolgreich umzusetzen und die Väterbeteiligung zu stärken.

Heiner Fischer ist Sozialpädagoge M.A. und hatte vor vier Jahren die Idee zu einer Plattform für progressive Vaterschaft. Gunter Beetz ist Dipl. Sozialpädagoge und seit Jahren in der Väterarbeit tätig. Zusammen mit Väterberater Martin Noack gründeten sie Vaterwelten GmbH und vernetzen Väter und Unternehmen mit den Angeboten der Familienbildung.

Die Opferschutzeinrichtung MEN VIA betreut seit 2013 österreichweit Männer, die von Menschenhandel betroffen sind. Es wird die Aufbauarbeit im Rahmen des MEN Männergesundheitszentrums Wien nachgezeichnet, mit Einblicken in die konkrete Fallarbeit aus einem oft gar nicht so versteckten, aber dennoch kaum wahrgenommenen Dunkelfeld. Die moderne Definition von Menschenhandel schließt männliche Betroffene ebenso mit ein wie unterschiedliche Erscheinungsformen von Ausbeutung. Als Antwort braucht es ein umfassendes Unterstützungsangebot für betroffene Männer, einschließlich sicherer Unterkunft, psychosozialer Intervention und rechtlichem Beistand. Daraus ergeben sich Impulse für gendersensible Männerarbeit entlang globaler gesellschaftlicher Verwerfungen ebenso wie für Prävention, Empowerment und Erwachsenenbildung mit vulnerablen Personengruppen. 

Manfred Buchner ist im Leitungsteam von MEN VIA und in der Vertretung in der österreichischen TASK FORCE gegen Menschenhandel. Er berichtet bei unterschiedlichen Anlässen über konkrete Lebenssituationen männlicher Betroffener. Zudem ist er langjähriger Mitarbeiter der Männerberatung Wien, Fachbereich Opferschutz und Prozessbegleitung für gewaltbetroffene Buben, Burschen und Männer. Er kommt mit slawischen Sprachen gut zurecht, arbeitet auch in Polnisch, reist passioniert nach Mittel- wie Osteuropa und hat das Glück, diese Interessen manchmal beruflich nützen zu können.


Tag 2, 17. September 2024
(voraussichtlich 10.45 - 12.15 Uhr)

Du möchtest Männern*, mit denen du arbeitest, ein größeres Portfolio an „öffnungsorientierten“ Content zur Verfügung zu stellen? Du möchtest im Austausch mit anderen positiv konnotierte Narrative über Männer* und MännlichkeitEn sicherer und schneller formulieren können? Du willst deinen Wortschatz in Bezug auf gelungenes Mann*-Sein erweitern? In unserem Kompakt-Workshop werden wir zusammen mit Euch genau zu diesen Fragen ins Tun kommen. Im Anschluss bekommt ihr eine Ergebnis-Liste (Links, Literatur- und Podcast-Empfehlungen, Adressen und Personen), zugeschickt, die ihr direkt für eure Arbeit nutzen könnt.

Sascha Möckel: Männernetzwerk Dresden e.V., 10 Jahre Jungen- und Männerarbeiter, Kampagne "maenner*sein - Gegen Stereotypen für Typen". Er findet: Männer brauchen Förderung, Öffnungsperspektiven und Begrenzung. Positive Rollenvorbilder müssen wir bereithalten und ressourcenorientiert kommunizieren, damit wir Brücken bauen, die Männer Lust haben zu überschreiten.

Matthias Stinn, Psychotherapeut mit männerspezifischem Schwerpunkt und Initiator von MEHR FÜR ALLE. GESUNDES EMPOWERMENT FÜR MÄNNER: Er sagt: Um mehr Männer für Reflexion und Veränderung zu gewinnen, müssen die damit verbundenen Benefits sichtbarer, greifbarer und konkreter vermittelt werden.

Die Empfänglichkeit für Männlichkeitsideologien nimmt zu – gerade auch unter jüngeren Männern. Diese Entwicklung ist eng verflochten mit Wachstum und Normalisierung rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien, Netzwerke und Denkfiguren. Wie viel Alarmismus ist fachlich und politisch angezeigt? Wie viel Aufmerksamkeit brauchen und verdienen welche Männlichkeitsideolog(i)en? Welche Form der Auseinandersetzung ist taktisch klug? Welche Gegennarrative drängen sich auf? Wie frontal benennen sie männliche Gefühlsabwehr als Problem und männliche Verletzlichkeiten als Ressource? Der Workshop schafft einen Raum für das gemeinsame Nachdenken innerhalb der Fachcommunity über den angemessenen kommunikationsstrategischen Umgang mit Antifeminismus, Antigenderismus & Co.

Markus Theunert ist Gesamtleiter des Dachverbands progressiver Schweizer Männer- und Väterorganisationen und Autor verschiedener Fach- und Sachbücher (zuletzt: "Jungs, wir schaffen das", Kohlhammer Verlag 2023). Anfang 2024 hat er die Expertise "Der Faktor M" zur Feinmechanik männlichkeitsideologischer Radikalisierungsdynamiken veröffentlicht (Download: https://www.maenner.ch/radikalisierung).

Geschlechtergleichstellung braucht die Beteiligung von Männern. Dies gelingt besonders einfach, wenn wir Männer bei den Themen abholen, die sie ohnehin beschäftigen. Männergesundheit bietet dazu viele Potentiale und Anknüpfungspunkte. Dass einerseits die Gesundheit von Männern gesellschaftspolitisch und öffentlich kaum wahrgenommen wird und andererseits gerne von antifeministischer Agitation bruchstückhaft aufgegriffen wird, scheint demgegenüber der weitgehende Status Quo zu sein. Im Workshop werden Potentiale, die ein aktives Engagement für Brennpunkte der Männergesundheit haben, betrachtet und gemeinsam überlegt, wie es gelingen kann, diese Themen gleichzeitig für die Männer selbst, als auch für Gleichstellungsziele zu nutzen. Dazu werden im Workshop unter anderem Erfahrungen und Projekte aus mehr als 20 Jahren Männergesundheitsarbeit im Männergesundheitszentrum MEN vorgestellt und diskutiert.

Romeo Bissuti, Klinischer und Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut; Leitung des Männergesundheitszentrums MEN in Wien; ehrenamtlicher Obmann der White Ribbon Österreich Kampagne; Vorstandsmitglied im Dachverband Männerarbeit Österreich

Geschlechterbezogene Gewalt und Männlichkeit sind eng miteinander verknüpft. Im Workshop werden aktuelle Erkenntnisse rund um das Konzept Caring Masculinities (Fürsorgliche Männlichkeiten) und Gewaltprävention diskutiert und es werden pädagogische Anwendungsansätze erarbeitet. Dabei werden u.a. sogenannte Change-Agent-Ansätze vorgestellt, wie sie in mehreren EU-Forschungs- und Praxisprojekten angewandt wurden. Der Ansatz schafft Möglichkeiten für Jungen* und Männer*, fürsorgliche Beziehungen zu anderen zu vertiefen. Dabei neue Konfliktmuster jenseits traditioneller Männlichkeitsanforderungen einzuüben, trägt besonders zur Gewaltprävention bei.

Elli Scambor, Soziologin Mag.a, Geschäftsführerin des Instituts für Männer- und Geschlechterforschung (www.genderforschung.at), Preisträgerin des Käthe-Leichter-Preises für Gender Studies, Koordinatorin zahlreicher internationaler Studien, Lehrbeauftragte an Universitäten in Graz und an der Fachhochschule Kärnten, Stellevertretende Vorstandsvorsitzende im Dachverband Männerarbeit Österreich (DMÖ).

Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit den Lebenswelten und Herausforderungen von Männern mit Migrationshintergrund, insbesondere jenen, die in stark patriarchal-traditionellen Gesellschaften aufgewachsen sind. Im Fokus stehen die Schwierigkeiten, denen sie in ihrer neuen gesellschaftlichen Umgebung begegnen, einschließlich Rassismuserfahrungen und deren Auswirkungen auf ihre Identität, psychische Gesundheit und soziale Integration. Welche praktischen Ansätze gibt es (in individuellen Beratungsansätzen und gemeinschaftsbasierten Interventionen), diese Männer zu unterstützen, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken und ein Bewusstsein für ihre speziellen Bedürfnisse zu schaffen?. Teilnehmer:innen der Arbeitsgruppe, darunter Fachleute und Ressourcenpersonen, sind eingeladen, ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven einzubringen, um gemeinsam effektivere Unterstützungsmethoden zu entwickeln. Zusätzlich wird die Schaffung eines Netzwerks angestrebt, das den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und Projekten fördert.

Shokat Walizadeh ist Sozialarbeiter, zertifizierter Elterntrainer, Gründer und Geschäftsführer des Vereins „NEUER START“ (www.neuerstart.at). Seit 2010 engagiert er sich im sozialen Bereich und hat zahlreiche Initiativen und Projekte mitgestaltet. Sein Engagement wird durch ein Studium der Sozialen Arbeit ergänzt. Mit seiner umfangreichen Erfahrung und seinen vielfältigen Rollen ist er ein engagierter Aktivist im Bereich Migration und soziale Gerechtigkeit.

Was erwarten wir von unserer Arbeit mit Jungen*? Was erwarten sich FLINTA*-Personen von unserer Arbeit? Wie können wir einen konstruktiven Beitrag zur Verbesserung von Geschlechterverhältnissen leisten und wie können wir uns als Jungen*arbeiter verorten? Was brauchen Mädchen* und TIN-Personen in der Schule und Jugendarbeit von uns, wie können wir sie empowern? Der Workshop soll Möglichkeiten und Handlungsräume ausloten, um Konfliktfelder künftig besser zu bearbeiten, vor allem im Austausch mit FLINTA*-Personen in diesen Bereichen. Best-Practice-Beispiele aus unserer Arbeit sind herzlich willkommen, um voneinander zu lernen.

Philipp Leeb ist Sonderpädagoge, Gründer und Leiter des Vereins poika (www.poika.at) in Wien sowie Vorstandsmitglied des DMÖ.

Kommunale Gleichstellungsarbeit und Gleichstellungspolitik für Männer* ist Sprachrohr für die Themen und Belange von Jungen, Männern, Vätern und Senioren. Es geht um ein aktives Formulieren und Gestalten männerspezifischer Anliegen und Themen und um einen konstruktiven gemeinsamen Umsetzungsprozess. Die e*MANN*zipation muss derzeit noch oft die Teilnahmslosigkeit von Männern fürchten. Das Problem der Männer* liegt vor allem im Nichterkennen der eigenen Situation. Männliche Privilegien und strukturelle Ungleichheiten bestehen nach wie vor. Aber Jungen und Männer sehen sich gleichstellungspolitisch auch Herausforderungen gegenüber. Diese zu adressieren, ist notwendig, wenn wir gerechte Geschlechterverhältnisse realisieren wollen. Kommunale Gleichstellungsarbeit bietet Männern* niederschwellige, direkte Beratung und Unterstützung, verbessert strukturell benachteiligende Rahmenbedingungen für Männer* und sensibilisiert für Themen aus männerspezifischer Perspektive.

Matthias Becker, Dipl. Sozialpädagoge (FH), Ansprechpartner für Männer in der Gleichstellungsstelle der Stadt Nürnberg. Fortbildungsreferent für Genderpädagogik und Lehrbeauftragter an Hochschulen. Männer müssen als Akteure und Adressaten in der Gleichstellungspolitik wahrgenommen und angesprochen werden.

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Hier finden Sie ein PDF mit allen Informationen zur Fachkonferenz & Netzwerktreffen Männerberatung 2024.